Robert: Hallo Miriam, wie geht es Dir und wie läuft das Hauptstadtleben in Berlin?
Miriam: Hallo Robert! Alles gut soweit! Großstädte haben mich schon immer angezogen – immer was los, man kann eigentlich immer was Neues erleben. Aber wenn man nicht will kann man sich auch einfach mit einem guten Buch auf dem Sofa verstecken. Man kann einfach selbst entscheiden. Das find ich wichtig.
Robert: Was war für Dich der Beweggrund, im Anschluss an die Ausbildung zur Mediengestalterin nach Berlin zu gehen und Kommunikationsdesign zu studieren?
Miriam: Ich wollte nach dem Abi erst mal im „echtem“ Leben Fuss fassen. Studium klang für mich erst mal zu theoretisch – was wäre wenn ich nach 3 oder sogar 6 Jahren endlich im Berufsleben lande und feststelle, dass ich doch nicht so gern für Kunden und unter Zeitdruck gestalte? Also hab ich die Ausbildung gemacht und dort recht viel eigenständig gelernt. Mir war schnell klar, dass ich Kundenprojekte und Privatprojekte gut trennen kann. Ich wollte mehr lernen und mehr wissen. Als Mediengestalter lernt man hauptsächlich technisches, nicht so viel Gestaltung. Ich habe mir vieles zusätzlich durch lesen angeeignet, besonders Typographie hat mich interessiert, aber das reichte mir nicht, ich wollte noch mehr wissen und die Zeit haben auch auszuprobieren. Also hab ich nach verkürzter Ausbildung mein Studium in Berlin angefangen.
Robert: Heute bis Du als Art Directorin tätig. Was oder wer hat Dich inspiriert, eine Laufbahn in der Kreativbranche einzuschlagen und woher kam die Leidenschaft für das, was Du tust?
Miriam: Mein Großvater war als Grafiker und Kaligraph im Naturhistorischem Museum in Wien tätig. Er hat auch viel gemalt und war ein sehr guter Fotograf. Als Kaligraph hat er Urkunden und Gesellenbriefe mit der Feder geschrieben. Schon als Kind hat mich das alles fasziniert und er hat mich immer wieder dazu animiert es ihm nachzumachen. Als Kind ist man aber natürlich noch nicht so geschickt und da kam schnell Frust auf, wenn meine Buchstaben nicht so klasse aussahen wie seine. Aber ich habe gelernt ein Auge dafür zu bekommen. Ich war schon immer ein visuell denkender Mensch, habe mich schon immer für Kunst und Literatur interessiert. In der Schule war ich nirgends so gut wie in Kunst und ich wusste irgendwie immer, dass es das ist was ich machen will.
Ich versuche immer offen für alles zu sein und schaue/höre mir alles an: von Poetry Slams bis hin zu alten Schinken in der National Galerie. Wie kann ich meine Leidenschaft und mein Können vereinen? Das war meine Lösung.
Robert: Erzähle uns doch bitte etwas über FORMLOS Berlin und die Zusammenarbeit mit Deinen drei Kollegen.
Miriam: Im Studium kam recht bald der Wunsch auf finanziell selbstständiger zu sein. Das war ich schon früh – ich hatte schon neben der Schule einen Job als Kellnerin – und das war schwer aufzugeben. Lukas studierte mit mir und wir waren auch so schon seit dem ersten Semester gut befreundet – dann lernten wir zufällig auf einer Uni-Veranstaltung Laurenz kennen. Der studierte im Marketingbereich und schnell kam die Idee auf zusammen was zu machen. Da wir direkt Kunden hatten, musste alles recht schnell gehen und da wir noch eher unsicher waren wie es weiter gehen sollte nannten wir uns FORMLOS – denn das waren wir und wollten wir vorerst sein. Lukas hatte, ähnlich wie ich, schon eine Karriere als Webdesigner angefangen und wollte sein Wissen im Studium verfeinern. So waren wir eine gute Mischung aus Web, Print und Marketing. Als im letzen halben Jahr immer mehr Aufträge kamen, die Programmieren benötigten, haben wir uns zur Unterstützung noch Benni mit ins Boot geholt.
Demnächst haben wir vor FORMLOS ein bisschen zu FORMulieren. Mehr darf ich dazu noch nicht sagen, aber man darf gespannt sein.
Robert: Gibt es bei Dir einen „normalen Start in den Tag“ und wie sieht dieser aus?
Wie ist Dein Arbeitsplatz eingerichtet und welche Werkzeuge bzw. welches Equipment benutzt Du für Deine Arbeiten?
Miriam: Ich habe immer Stift und Zettel am Arbeitsplatz. Ich brauche einfach ein bisschen analogen Kram. Neben meinem Schreibtisch ist mein Basteltisch, da kann ich direkt Sachen ausprobieren und zuschneiden – was immer nötig ist um ein Bild von dem zu bekommen was mir im Kopf schwebt.
Robert: Mit welcher Software / Hardware / Werkzeug arbeitest Du am liebsten und warum?
Miriam: Im Allgemeinen: Stift, (kleine) Zettel, die man sortieren kann. Graphik-Tablet, InDesign.
Ich versuche aber immer neue Werkzeuge oder Techniken zu entdecken, damit mein Kopf trainiert bleibt. Für meine Bachelorarbeit habe ich viel collagiert: ausgedruckt, ausgeschnitten, aufgeklebt und abfotografiert. Das hat eine Menge Spaß gemacht. Grade sitze ich auch an einer Schrift, wo ich anfangs natürlich sehr viel mit Lineal und Bleistift gearbeitet habe und Butterbrotpapier.
Robert: Magst Du uns einen Einblick in Deinen kreativen Prozess geben?
Miriam: Mir ist wichtig, nicht festzustecken mit einer speziellen Idee, sondern immer das Best-Möglichste für das jeweilige Projekt zu finden. Was ist die beste Lösung für das Projekt, den Kunden oder für ein Kommunikationsproblem? Ich versuche vom Abstrakten Gedanken in die konkretere visuelle Idee zu kommen. Wörter werden zu Formen, Farben oder Geschichten – oder anders herum.
Robert: Womit beginnst Du bei einem neuen Projekt und was sind Deine ersten Schritte?
Miriam: Klassisch: Brainstorming. Aber nicht nur mit Wörtern sondern Farben, Formen, Kombinationen von Materialien, Fotografien… Dingen die einem zusammen ein ganz bestimmtes Gefühl vermitteln.
Robert: Wie würdest Du den Stil Deiner Arbeiten beschreiben?
Miriam: Ich glaube meine Arbeiten sind immer irgendwie emotional. So grafisch und reduziert ich auch arbeiten will, es wird immer etwas Sinnliches oder eben Gefühlvolles haben. Kombiniert mit reduzierter Grafik und Farbe. Keine Deko, kein Schnörkel, kein unnötiger Firlefanz.
Robert: Deiner Fotobuchreihe „USA – Seychellen – Cuba – Südafrika“ entnehme ich, dass Du ebenfalls eine ambitionierte Fotografin bist? Woher kam die Idee für ein komplettes Fotobuch?
Miriam: Ich hatte das Glück, dass meine Eltern mich und meinen Bruder immer mit auf tolle exotischen Reisen mitgenommen haben. Und wir haben beide immer unglaublich gern fotografiert, auch gerne unkonventionell: spannende Spiegelungen, Muster, Märkte, Menschen. Es lag Nahe, diese mal zusammen zu fügen und als Reihe zu gestalten.
Robert: Im Mittelpunkt Deiner Arbeiten steht das Print Design. Woher holst Du Deine Inspiration und was hilft Dir dabei, den Ideenreichtum anzukurbeln?
Miriam: Ich liebe Bücher, Magazine, Zeitungen. Ich lese viel. Ich versuche mich in den unterschiedlichsten Bereichen zu informieren. Kulturen, Länder… momentan lese ich Hawkings „Eine kurze Geschichte der Zeit“ um nachzuholen, was meine Physiklehrer verbaselt haben. Ich glaube das hilft mir offen für neue Ideen zu sein. Ich versuche mich nicht zu sehr zu versteifen. Und wenn eine Webseite sinnvoller ist als ein Printprodukt – dann machen wir halt ne super Webseite.
Robert: Wenn Du heute keine Art Directorin wärest, was würdest Du stattdessen machen und warum?
Miriam: Wenn ich in Physik und Mathe besser gewesen wäre, hatte ich mich vielleicht getraut Architektur oder Innenarchitektur zu studieren. Das wollte ich schon recht früh, meine Tante ist Architektin und sie war irgendwie immer eine Art Vorbild für mich. Aber als ich dann herausfand dass ich dazu gut in Physik und Mathe sein muss, hab ich den Traum aufgegeben.
Robert: Welche 3 Ratschläge würdest Du jedem Künstler, Fotografen, Illustratoren und Typografen mitgeben?
Miriam: Immer offen sein, sich nie versteifen. Immer Interesse haben. An allem. Und vor allem nie arrogant sein.
Robert: Welche 3 Webseiten kannst Du unseren Lesern empfehlen?
Miriam:
Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS)
da kann man die unterschiedlichsten Wörter nachschlagen – erfahren woher sie kommen, Synonyme – einfach alles! Klasse!
coverjunkie
Cover über Cover. Ideen auf dem Punkt gebracht.
Fonts In Use
Schriften sind so vielseitig – genau das sieht man hier besonders gut.
Robert: Vielen Dank für Deine Zeit Miriam, es war mir eine Freude! Ich wünsche Dir und dem gesamten Team von FORMLOS weiterhin viele großartige Ideen und viel Spaß beim dem was Ihr tut.
Miriam: Dir auch vielen Dank, Robert!
Miriam Horn solltet ihr im Übrigen auch auf Behance einen Besuch abstatten.