Diese Begriffe entsprangen dem Sprachschatz deutscher Schriftsetzer und Drucker, aus der Epoche des Handschriftsatzes (Bleisatz). Aber auch noch heute, in Zeiten des modernen Desktop-Publishing, treten diese Fehler gerne auf. Ganz gleich ob mit DTP-Software wie InDesign, QuarkXPress oder Microsoft Word gesetzter Text, die folgenden Patzer müssen vermieden werden, um den Lesefluss nicht zu stören.
Der Schusterjunge
Heute auch Waisenkind genannt, bezeichnet dieser Begriff das Problem, wenn die erste Zeile eines neuen Absatzes nach einem Umbruch irrtümlich allein am Ende einer Seite oder Spalte zurückbleibt. Sie bildet somit die letzte Zeile auf der Seite und wird daher im südlichen Sprachraum auch als Findelkind bezeichnet.
Ein Schusterjunge wird als nicht so gravierend eingestuft, fällt aber dennoch besonders auf wenn Absätze mit einem Einzug gesetzt werden. Der Schusterjunge steht unten am Ende der Spalte so wie der Schusterjunge, der unten im Keller die Schuhe repariert.
Das Hurenkind
Auch als Witwe (oder neuerdings „Hundesohn“) betitelt, sorgt dieser Fauxpas für weitaus mehr Verwirrung bei der Leserschaft. Ein Hurenkind ist die abschließende Zeile eines Absatzes, welche durch einen Umbruch auch als erste Zeile allein zu Beginn einer Seite oder Spalte steht. Dieser Umbruchfehler lässt den Satzspiegel besonders unästhetisch wirken und stört außerdem den inhaltlichen und formalen Leserythmus.
Die Witwe sollte im professionellen Satz also tunlichst vermieden werden, um den Betrachter im Lesefluss nicht stolpern zu lassen.
Der Fliegenschiss
Als wäre dies alles noch nicht genug, so sollte möglichst auch der sogenannte Fliegenschiss vermieden werden. Dies sind Wortfragmente in Form von kurzen Wörtern oder Silben direkt am Satzende. Sie beenden den ganzen Absatz, stehen jedoch verloren und allein in dessen letzter Zeile.
Beispiel
Fehler vermeiden
Um Fehler zu vermeiden, muss man sie vorerst natürlich erkennen. Ein prüfender Blick hinsichtlich dieser Problematiken ist also angebracht.
Im Anschluss sollte untersucht werden, ob betreffende Absätze nicht früher bzw. später gesetzt werden können, vorausgesetzt ein solcher Eingriff in den Text durch Lektor/Redakteur ist überhaupt möglich.
Moderne DTP-Satzprogramme bieten mit der Absatzkontrolle natürlich auch ein automatisiertes Werkzeug an. Um dieser jedoch nicht einfach blind zu vertrauen, sollte eine manuelle Kontrolle immer der finale Arbeitsschritt sein.
Ein erfahrener Setzer löst das Problem durch Anpassung von Laufweite, Kerning, Durchschuss und/oder Zeilenumbruch innerhalb der Software eigenhändig.
Merkhilfen
Zur besseren Unterscheidung und Verinnerlichung dieser typografischen Fehler lege ich euch noch die folgenden Merksprüche ans Herz:
Ein Hurenkind weiß nicht, wo es herkommt, ein Schusterjunge nicht, wo er hingeht.
Ein Schusterjunge muss unten im Keller arbeiten, ein Hurenkind steht oben verloren auf der Straße.